Interior Designer Gianluca Tellan: „Küche und Wohnraum sollten wie eine große Umarmung sein“
Im Segment gehobener Küchen sind Möbeldesign und Raumplanung eng verknüpft. Oft ist die Meinung von Interior Designer Gianluca Tellan gefragt: Der Italiener plant mit seiner Firma A1 Interiors hochwertige Küchen- und Wohnräume sowie Lokale und Geschäfte, die geradlinig, zeitlos und doch absolut wohnlich sind. Welche Rolle Licht in seinen Entwürfen spielt und welches Material Trendpotenzial für 2022 hat, hat er uns gemeinsam mit seiner Frau Marina im Interview verraten.
Gianluca Tellan ist ein fröhlicher Mann, das macht sich sofort beim ersten Treffen bemerkbar. Nicht einmal die obligatorische Maske stört; der Italiener lacht und gestikuliert die stoffliche Barriere einfach weg. Seine Frau Marina, die an dem Gespräch ebenfalls teilnimmt, scheint sein Ruhepol zu sein. Immer wieder helfen sie sich im Interview gegenseitig aus; sie sprechen fließend Deutsch mit charmantem italienischem Akzent.
Das Paar hat im September 2020, gemeinsam mit den beiden Söhnen, den Umzug nach Deutschland gewagt – „aus Liebe zu München“, wie Gianluca mit einem Funkeln in den Augen erklärt. Seine Frau lacht und sagt: „Er hat sich tatsächlich verliebt in die Stadt. Wir waren sehr oft zu Besuch. Und irgendwann beschlossen wir, dass wir uns hier gerne selbständig machen würden.“
Interior Designer Gianluca Tellan: ein Mix aus Mies van der Rohe und Armani
Mittlerweile hat der Interior Designer, der in seinem Heimatland viele Jahre erfolgreich mit namhaften Wohnmöbelmarken zusammenarbeitete, in Deutschland Fuß gefasst. Mit seinem Architekturbüro „A1 Interiors GmbH“, das er gemeinsam mit Stephan Kirchner von Dross&Schaffer München Ost führt, berät er sowohl Küchenstudios in der Gestaltung ihres Showrooms, als auch Kundinnen und Kunden bei der ganzheitlichen Planung von Küche, Bad und Haus.
Die Leidenschaft, mit der Gianluca Tellan die Verschmelzung von Küche und Wohnraum diskutiert, vermischt sich hin und wieder mit stiller Bedächtigkeit, wenn der Interior Designer über die Ausführung seiner Projekte – und seiner Worte – brütet. Eine Planung lässt Gianluca hin und wieder auch kurz ruhen und blickt dann mit neuem Verständnis darauf. Abgegeben werde es beim Auftraggeber erst, sagt er, wenn er selbst mit seiner Arbeit auch wirklich zufrieden sei. Seinen Stil beschreibt der Italiener als kongenialen Mix aus dem Bauhaus-Avantgardisten Mies van der Rohe und dem elegant-emotionalen Stil von Armani.
Unser Interview mit dem Interior Designer Gianluca Tellan aus München
Wir haben Gianluca Tellan und seine Frau Marina Tellan zum Interview getroffen und mit ihnen über die Wertschöpfung einer Küche, die Wichtigkeit der Lichtplanung und das Haltbarkeitsdatum von Trends gesprochen. Erfahren Sie, warum der Innenarchitekt sich bei der Planung des eigenen Zuhauses schwer tat, warum manche Ideen länger brauchen als andere und welches Material Gianluca Tellan als besonders vielversprechend für 2022 in Küche und Wohnraum erachtet.
Herr und Frau Tellan, eine Frage zum Einstieg, damit unsere Leserinnen und Leser Sie kennenlernen: Was verbindet Sie mit der Innenarchitektur – und wie sind Sie mit dem Bereich rund um die Küche verbunden?
Gianluca Tellan (GT):
Wo soll ich starten? Das ist eine lange Geschichte. (lacht) Ich wurde zunächst als Interior Designer in einem Designbüro in Italien ausgebildet. Wir haben bereits da mit hochwertigen Marken zusammengearbeitet, beispielsweise Poltrona Frau, Cassina, Boffi und Valcucine. Ich habe da verstanden, dass es genau mein Weg ist und habe 2003 mein eigenes Designbüro gegründet.
Für mich umfasst die Innenarchitektur alles – nicht nur die Küche, das Bad, den Wohnraum. Tatsächlich fängt Innenarchitektur schon vor der Haustür an. Der Eindruck, mit dem das Äußere des Hauses und die Haustür den Besucher begrüßt, ist wichtig. Im besten Fall ist es natürlich innen noch schöner.
Was sagen Sie speziell zur Küche als Teil der Inneneinrichtung?
GT: Ich war nie nur auf die Küche spezialisiert, sondern immer auf die gesamte Inneneinrichtung. Die Küche ist aber ein wichtiger Teil des Zuhauses, vor allem in Italien.
Marina Tellan (MT): Für Italiener ist die Küche ganz klar der Mittelpunkt des Hauses. Wir machen alles in der Küche – wir lernen, studieren, kochen, essen in der Küche. Kochen bedeutet bei uns Familie. Das Herz des Hauses.
GT: Ja genau, Herz des Hauses, Mittelpunkt, Treffpunkt der Familie! Die Küche ist in unseren Planungen oft der Anfang einer Zusammenarbeit. Der Rest muss aber auch zusammenpassen.
MT: Wir sehen immer öfter, dass die Küche den Stil einer Familie widerspiegelt, aber nicht mit der restlichen Wohnumgebung übereinstimmt. Da hilft nur reden, reden, reden. Gianluca hat eine besondere Gabe, sage ich immer. Er möchte genau wissen, wie seine Kunden leben, kochen, wer sie sind. Ein Erstgespräch dauert dann auch mal drei bis vier Stunden.
Ich finde, Interior Design sollte wie ein Maßanzug sein. Das muss ganz genau zu einem passen. Und wenn dem so ist, weißt du, dass du das Richtige gekauft hast.
Gianluca Tellan, Interior Designer
Interior Design: „Ein Mix aus Mies van der Rohe und Armani“
Wie würden Sie als Interior Designer Ihren persönlichen Stil bezeichnen, der in Ihre Projekte einfließt?
MT: Der Zauber liegt darin, dass das Haus anschließend die Sprache des Kunden spricht, aber auch die Handschrift von Gianluca trägt. Wie eine „Hochzeit“ zwischen seinem Design und dem Charakter und den Bedürfnissen des Kunden.
GT: Meine Handschrift ist typisch italienisch. (lacht)
Das heißt leidenschaftlich?
GT: Ja genau, emotional, stylisch – aber auch stringent. Genau genommen ist es eine Mischung aus Mies van der Rohe, der den Bauhaus-Stil geprägt hat, und Armani. Ich nutze gern warme Farben und setze dabei auf klare Linien mit exzellentem Licht.
Licht muss sehr, sehr dezent sein. Ein Akzent. So wie ein Parfum auf den Möbeln.
Die Hauptsache ist auf jeden Fall, mit Respekt für den Geschmack des anderen zu planen: Man kann niemandem seinen Stil aufzwingen.
Was hat Sie als Interior Designer mit der gesamten Familie nach München verschlagen?
MT: Mein Mann ist schon lange in München verliebt – seit 20 Jahren bestimmt. Wir waren so oft zu Besuch, mindestens zwei bis drei Mal pro Jahr. Er sagte oft, er würde gern hier wohnen.
GT: Ich habe mich gefragt, was ich mit meiner Wertschöpfung zur hiesigen Interior Design-Szene beitragen könnte. Ich bringe den mediterranen Stil aus Italien mit dem nordeuropäisch geprägten Geschmack der Inneneinrichtung in Deutschland zusammen.
MT: Irgendwann haben wir uns gefragt: warum sollten wir nicht unsere Kräfte bündeln? Er ist das Zeichenpapier und ich bin die Excel-Tabelle. Wir funktionieren sehr gut zusammen. Nachdem er ein Jahr alleine in München gearbeitet hat, bin ich mit den Kindern gemeinsam hinterhergezogen. Ausgerechnet im September 2020, im ersten Corona-Jahr. Aber so ist das Leben.
Sie arbeiten hier mit der Dross&Schaffer Gruppe zusammen. Wie kam das?
MT: Wir haben den richtigen Ansprechpartner in Stephan gefunden (Stephan Kirchner, Geschäftsführer und Gesellschafter des Studios Dross&Schaffer München Ost, Anm. d. Red.). Er und Gianluca sind beide sehr neugierig, umtriebig, mutig. Sie geben immer Vollgas.
GT: Das ist sehr wichtig, wir treiben uns gegenseitig voran. Inneneinrichtung ist wie Mode. Wir erfinden sie immer wieder neu und richten dabei möglichst zeitlos ein.
Trends im Interior Design: solide Grundlage, modische Accessoires
Stichwort Mode – was liegt gerade im Trend in der Inneneinrichtung?
GT: Da muss man aufpassen. Was heute im Trend liegt, ist morgen schon vorbei. Sowas wie Bauhaus oder Armani hingegen ist zeitlos. Ich entwerfe lieber bodenständige Planungen als Grundlage der eigenen Interpretation. Modische Accessoires hingegen, zum Beispiel Gardinen, Vasen, Bilder, können beliebig getauscht werden.
So ein „Wow-Effekt“ hält eben nur für kurze Zeit an. Erst auf lange Sicht bemerkt man, was wirklich zu einem passt. Beispiel Mode: eine auffällige Jacke von Dolce&Gabbana sorgt erstmal für einen Spannungsmoment. Aber möchtest du die auch fünf Jahre lang tragen? Eher nicht. Daher ist eine ruhige Einrichtung, mit der man spielen kann, oftmals besser, als ein zu aufdringliches Design.
Die Verschmelzung von Küche und Wohnraum wird schon lange propagiert von Küchenherstellern. Wie sieht die Realität aus? Lässt sich das auch in kleinen Wohnungen realisieren?
GT: Ja, das kann man. Und das sollte man auch beherzigen. Der Stil und die Farben sollten übereinstimmen. Ich bin in jedem Fall dafür, dass man immer versucht, Küche und Wohnraum einander zu öffnen.
Das ist so wie eine große Umarmung, die ein Wohlgefühl verleiht.
Marina Tellan über die Verschmelzung von Küche und Wohnraum.
GT: Genau! Und man kann mit Farbe, Zwischendecken, Licht, Stoffen, Verkleidungen, Raumteilern arbeiten, um die Bereiche sanft voneinander zu trennen. Oder mit Pflanzen. Es gibt verschiedene Möglichkeiten.
Welchen Raum außerhalb der Küche richten Sie noch gerne ein?
GT: Grundsätzlich das ganze Haus, aber auch trendige Geschäfte und Lokale. In einem Haus besonders gerne das Bad. Hier herrscht eine gewisse Intimität und Ruhe, die durch das Design zum Ausdruck gebracht werden sollte. Aber schlussendlich muss alles zusammenpassen.
Mit welchem Ausgangspunkt beginnen Sie als Interior Designer eine Raumplanung?
GT: Ganz klar mit dem Tageslicht. Ohne Licht können wir nicht leben.
MT: Die Lichtplanung ist tatsächlich eines der wichtigsten Elemente in unserer Arbeit. Sie wirkt sich aus auf die Farben, die du wählst, aber auch auf die Stimmung, die Atmosphäre eines Raums.
GT: Es ist wie mit der Sonne. Ist der Himmel an grauen Tagen bedeckt, fühlen wir uns nicht so gut und produktiv wie sonst. Das ist anders, wenn die Sonne scheint – wir sind sofort energiegeladen. Genauso ist es mit einem schlecht beleuchteten Raum. Wird ein kaltes Licht gewählt oder gar zu wenig Beleuchtung, macht man die ganze Einrichtung kaputt. Mit der richtigen Lichtplanung hingegen kommt meine Inneneinrichtung noch besser zur Geltung.
Ich glaube, es gibt nicht viele Regeln für einen Innenarchitekten oder Interior Designer. Wir müssen frei und kreativ denken können. Ich gehe in einen Wohnbereich, höre, was der Kunde sagt und – dann habe ich automatisch ein Bild vor Augen.
Aber Wände, Böden, Raumstruktur – was beachtet man in welcher Reihenfolge?
GT: Ich schaue mir zuerst den Boden an, denn das ist etwas, das bleibt. Der Grundriss zeigt mir anschließend die Proportionen. Ich mache zwei bis drei Entwürfe. Es gibt Kunden, mit denen plant man gemeinsam ein ganzes Jahr. Und dann gibt es Kunden, die benötigen nur zwei Stunden. Wir haben aber keinen Computer, an dem es eine „Wow“-Taste gibt. Es ist also ein Prozess für beide Seiten.
MT: Was bei dir aber besonders ist: Du planst die Küche und hast doch immer den Blick für die gesamte Raumstruktur. Ich kenne ihn. Er sieht ein Projekt und hat sofort im Kopf, wie eine Räumlichkeit eingerichtet aussehen könnte. Seine Augen leuchten, und egal, was du sagst – er hat schon im Kopf, wie es am Ende aussehen könnte.
GT: Ich sehe auch eine Oberfläche, zum Beispiel die Arbeitsplatte in der Küche, und denke mir: Das würde doch gut ins Bad passen. Selbst bei kleineren Wohnungen lässt sich das gut realisieren. Ist die Wohnung einheitlich gestaltet, wirkt sie auch größer.
Farben und Materialien im Interior Design
Gibt es Material- und Farbkonzepte, mit denen Sie gerne arbeiten?
GT: Ich versuche, ausschließlich mit Naturmaterialien zu arbeiten. Echtholz, Naturstein, naturbelassene Materialien. Das Gefühl, auf Leder zu sitzen, ist eben ein anderes als auf Plastik. Die schönsten, zeitlosesten Einrichtungen sind immer aus echten Materialien gefertigt. Selbst, wenn darauf Kratzer oder Gebrauchsspuren entstehen – na und? Das ist Leben.
Farben im Raum bzw. in der Küche: sie beeinflussen unsere Psyche, unser Wohlbefinden. Welche wählen Sie gern?
GT: Das ist natürlich Geschmackssache. Es gibt Leute, die wünschen sich ein farbenfrohes Haus, und Leute, die wollen ein „all white“-Haus. Aber grundsätzlich gibt es auch Farben, die passen besser zusammen als andere. Als Interior Designer setzen wir diese zusammen wie in einem Tetris-Spiel.
Ich arbeite oft mit „Greige“, eine Armani-Farbe (Zusammengesetzt aus Grau und Beige, Anm. der Redaktion). Eine sehr ruhige, sehr elegante und sehr zeitlose Farbe. Aber auch Mauve, Petrol, Zartrosa und Mokka sind schöne Töne.
Gibt es nach all den Jahren, in denen Sie sich mit Inneneinrichtung auseinandersetzen, noch neue Trends?
GT: Ja, ich liebe zum Beispiel Terrazzo (ein zementgebundener Estrich mit Bruchstücken aus Marmor, Kalkstein, Granit oder Dolomit, die sich mosaikartig zusammensetzen; Anm. d. Red.). Unser Haus in Italien ist in Terrazzo gestaltet, Treppe, Terrasse, alles. Ich plane auch die Küche damit einzukleiden. Ich glaube, das wird auch ein Trend der nächsten Jahre sein.
Ich plane linear und minimalistisch, aber nicht steril oder zu extrem, und wenn ein Haus zu viele unterschiedliche Anordnungen hat – zum Beispiel verschiedene Höhen der Oberschränke in der Küche – wirkt das unruhig.
Welchen Stellenwert hat unser Zuhause durch Corona erhalten?
GT: Corona hat nicht nur Chaos verursacht, sondern unser Leben auch gebremst. Viele haben innegehalten und sich gefragt, was Ihnen wirklich wichtig ist. Außerdem haben die Menschen wieder mehr Zeit mit ihrer Familie verbracht. Als Interior Designer hatte ich viele schöne Projekte, weil jeder gemerkt hat, wie wichtig ein wohnliches Zuhause ist.
MT: Damit gab es auch neue Bedürfnisse, wie z.B. als Räumlichkeit das Home Office, neue erholsame Lichtkonzepte und natürlich die Öffnung der Küche zum Wohnraum.
Liebes Ehepaar Tellan, wir danken für dieses Gespräch.
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Florian Schwarz
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